Generation 55+ als Mitarbeiter finden – Chance gegen den Fachkräftemangel

Arbeitsmarkt 2025: Die psychologische Dimension erfolgreichen Recruitings

In einer Zeit, in der Unternehmen intensiv um qualifizierte Mitarbeiter konkurrieren, kann das Verständnis der psychologischen Faktoren bei Jobsuchenden zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Die Forschung identifiziert vier verschiedene Typen von Arbeitssuchenden – jeder mit eigenen Bedürfnissen und Motivationen.

Aktiv Jobsuchende verstehen und gezielt ansprechen

Bereits 2008 identifizierten Forscher vier grundlegende Typen von Arbeitssuchenden: die Ungebrochenen (16%), die Resignierten (48%), die Verzweifelten (11%) und die Apathischen (25%). Diese Klassifizierung bleibt bis heute relevant und lässt sich auf den modernen Arbeitsmarkt übertragen. Jede dieser Gruppen zeigt unterschiedliche psychologische Profile und reagiert entsprechend anders auf Rekrutierungsmaßnahmen.

Besonders die Gruppe der „Ungebrochenen“ – aktiv Jobsuchende mit hoher Eigenmotivation – stellt für Arbeitgeber eine wertvolle Zielgruppe dar. Diese Kandidaten bringen häufig eine positive Grundhaltung und intrinsische Motivation mit, die sich positiv auf ihre zukünftige Arbeitsleistung auswirken kann.

  • Zielgruppenspezifische Ansprache: Die verschiedenen Typen von Arbeitssuchenden benötigen unterschiedliche Anspracheformen in Stellenanzeigen und während des Rekrutierungsprozesses.
  • Fokus auf Eigenantrieb: Aktiv Jobsuchende zeigen durch ihre selbstbestimmte Suche bereits wichtige Eigenschaften wie Eigeninitiative und Entscheidungsfreude.
  • Authentische Kommunikation: Transparente und ehrliche Kommunikation spricht besonders die Gruppe der „Ungebrochenen“ an, die ihre Karriereentscheidungen bewusst und informiert treffen.

Geeignete Kanäle im Recruiting nutzen

Der Arbeitsmarkt 2025 ist stark digital geprägt. Studien zeigen, dass rund 80% aller Jobsuchen bei Suchmaschinen beginnen. Eine für Suchmaschinen optimierte Karrierewebsite ist daher ein unerlässliches Instrument im modernen Recruiting. Während Social Media eine ergänzende Rolle spielen kann, bleibt es für die meisten aktiv Jobsuchenden ein sekundärer Kanal.

Erfolgreiche Unternehmen konzentrieren ihre Ressourcen auf jene Kanäle, die von aktiv Jobsuchenden tatsächlich primär genutzt werden. Sie investieren in gut strukturierte Karriereseiten mit aktuellen und detaillierten Informationen zu offenen Stellen sowie zum Arbeitsumfeld – und sie stellen sicher, dass diese Inhalte für Suchmaschinen optimal sichtbar sind.

  • Suchmaschinenoptimierung: Eine für Google & Co. optimierte Karrierewebsite erreicht deutlich mehr potenzielle Bewerber als klassische Jobportale oder Social Media.
  • Informationsqualität: Aktuelle und ausführliche Informationen zu Jobangeboten und Unternehmenskultur unterstützen die informierte Entscheidungsfindung qualifizierter Kandidaten.
  • Kanaleffizienz: Die Konzentration auf Kanäle für aktiv Jobsuchende erzielt eine höhere Conversion-Rate als breit gestreute Maßnahmen in Social Media oder allgemeinen Werbekanälen.

Psychologische Faktoren im Recruiting-Prozess berücksichtigen

Die psychischen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit sind wissenschaftlich gut dokumentiert. Metaanalysen zeigen, dass Arbeitslosigkeit das psychische Befinden in nahezu allen Bereichen reduziert – von allgemeinem Wohlbefinden über Selbstwertgefühl bis hin zu familiären Beziehungen. Für HR-Verantwortliche ist es wichtig zu verstehen, dass diese Faktoren auch den Bewerbungsprozess beeinflussen.

In einer Zeit, in der Berufsbiografien zunehmend von Wechseln und Phasen der Neuorientierung geprägt sind, sollte Arbeitslosigkeit nicht stigmatisiert, sondern als potenzieller Bestandteil moderner Karrierewege verstanden werden. Ein sensibler Umgang mit diesem Thema im Recruiting-Prozess kann die Qualität der Kandidatenerfahrung erheblich verbessern.

  • Sensibilität in Interviews: Ein Verständnis für die psychologischen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit kann zu besseren Gesprächsführungen und faireren Beurteilungen führen.
  • Wertschätzende Kommunikation: Eine respektvolle Kommunikation mit allen Bewerbern – unabhängig von deren aktueller beruflicher Situation – stärkt das Arbeitgeberimage.
  • Unterstützende Onboarding-Prozesse: Spezielle Einarbeitungsprogramme können die Integration ehemals arbeitsloser Fachkräfte erleichtern und deren Erfolg im Unternehmen fördern.

Kampagnenerfolg messen und optimieren

Viele Unternehmen versäumen es, den Erfolg ihrer Recruiting-Maßnahmen systematisch zu messen. Ähnlich wie bei industriellen Produktionsprozessen ist jedoch ein kontinuierliches Monitoring entscheidend für den Erfolg. Ein Verständnis der „Candidate Journey“ – vom ersten Kontakt bis zur Bewerbung – ermöglicht gezielte Optimierungen an jedem Kontaktpunkt.

Erfolgreiche Arbeitgeber messen nicht nur die Anzahl eingehender Bewerbungen, sondern analysieren auch frühere Phasen der Kandidatenreise: Wie viele qualifizierte Personen sehen die Stellenanzeige? Wie viele klicken darauf? Wie viele besuchen die Karrierewebsite? Diese Daten ermöglichen eine kontinuierliche Verbesserung der Recruiting-Strategie.

  • Mehrstufige Erfolgsmessung: Die Analyse aller Phasen der Candidate Journey liefert wertvolle Einblicke für die Optimierung des Recruiting-Prozesses.
  • Datenbasierte Entscheidungen: Konkrete Messdaten zu Reichweite, Klickraten und Conversion ermöglichen effizientere Ressourcenallokation im Recruiting-Budget.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Regelmäßige Analysen der Kampagnenleistung führen zu einer stetigen Optimierung der Rekrutierungsstrategie.

Fazit: Ein tieferes Verständnis der psychologischen Dimensionen des Arbeitsmarktes kann zu deutlich effektiveren Recruiting-Strategien führen. Durch die gezielte Ansprache verschiedener Typen von Jobsuchenden, die Nutzung der richtigen Kanäle und die Berücksichtigung psychologischer Faktoren im Rekrutierungsprozess können Unternehmen ihre Position im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte signifikant verbessern.

Sie sind dran: Analysieren Sie Ihre aktuelle Recruiting-Strategie unter psychologischen Gesichtspunkten. Erreichen Sie die richtigen Kandidatentypen über die passenden Kanäle? Ist Ihre Karrierewebsite für aktiv Suchende optimiert? Berücksichtigen Ihre Recruiting-Prozesse die psychologischen Faktoren der Jobsuche? Eine Überprüfung dieser Aspekte kann der erste Schritt zu einer deutlich effektiveren Personalgewinnung sein.


Dieser Beitrag entstand nach Lektüre von Hendrik Berth, Friedrich Balck, Cornelia Albani, Peter Förster, Yve Stöbel-Richter, Elmar Brähler in Psychologie Gesellschaft Politik – 2008:
Psychische Gesundheit und Arbeitslosigkeit