Ruediger Vogel schreibt

Azubis finden leicht(er) gemacht: Der übersehene Talentpool für Ihr Unternehmen

Während 70.000 Ausbildungsplätze in Deutschland unbesetzt bleiben, stecken 250.000 Jugendliche im sogenannten Übergangssektor fest. Eine aktuelle Studie zeigt: Über 60% dieser jungen Menschen könnten sofort oder mit Begleitung eine Ausbildung beginnen.

Das Paradox auf dem Ausbildungsmarkt

Der deutsche Ausbildungsmarkt steht vor einem erstaunlichen Widerspruch: Einerseits blieben 2024 bundesweit fast 70.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Andererseits beginnen jährlich etwa 250.000 Jugendliche eine Maßnahme im Übergangssektor, statt direkt in eine Ausbildung zu starten.

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung bringt nun überraschende Erkenntnisse: 26,3% dieser Jugendlichen könnten sofort eine Ausbildung beginnen, während weitere 36,4% mit professioneller Begleitung ausbildungsfähig wären.

  • Ungenutzte Potenziale: Über 60% der Jugendlichen im Übergangssektor könnten mit oder ohne Unterstützung ausgebildet werden
  • Paradoxe Situation: Tausende unbesetzte Ausbildungsplätze bei gleichzeitig hoher Zahl an ausbildungswilligen Jugendlichen
  • Experteneinschätzung: Fachkräfte bestätigen die Ausbildungsfähigkeit vieler Teilnehmer im Übergangssektor

Aktiv Jobsuchende aus dem Übergangssektor ansprechen

Die Jugendlichen im Übergangssektor unterscheiden sich deutlich in ihren Bedürfnissen und Erfahrungen. Eine gezielte Ansprache, die genau diese Bedürfnisse berücksichtigt, kann den entscheidenden Unterschied machen und diese motivierten, aktiv nach Ausbildungsmöglichkeiten suchenden jungen Menschen für Ihr Unternehmen gewinnen.

Im Gegensatz zu anderen potenziellen Kandidaten müssen diese Jugendlichen nicht erst von einer Ausbildung überzeugt werden – sie suchen bereits aktiv danach. Diese intrinsische Motivation ist ein wertvoller Faktor für langfristigen Ausbildungserfolg.

  • Hohe Eigenmotivation: Diese Jugendlichen suchen aktiv nach Ausbildungsmöglichkeiten und bringen Eigenantrieb mit
  • Zielgruppenspezifische Ansprache: Jugendliche fühlen sich angesprochen, wenn ihre spezifischen Bedürfnisse adressiert werden
  • Erfolgsfaktor Eigeninitiative: Wer selbst nach Ausbildungsmöglichkeiten sucht, zeigt bereits wichtige Soft Skills

Geeignete Kanäle zur Ansprache nutzen

Um erfolgreich Azubis aus dem Übergangssektor zu finden, ist die Wahl der richtigen Kommunikationskanäle entscheidend. Die Erfahrung zeigt, dass spezifische, auf Jobsuche ausgerichtete Kanäle wesentlich effektiver sind als allgemeine Social-Media-Plattformen.

Eine gut strukturierte, suchmaschinenoptimierte Karriereseite mit aktuellen Ausbildungsangeboten bildet das Fundament Ihrer Rekrutierungsstrategie. Ergänzen Sie diese durch gezielte Kooperationen mit Bildungsträgern, Berufsschulen und Jobcentern, um direkten Zugang zu motivierten Jugendlichen im Übergangssektor zu erhalten.

  • Fokus auf Jobsuchkanäle: Etwa 80% der Jobsuchen beginnen bei Suchmaschinen, nicht in sozialen Medien
  • Optimierte Karrierewebsite: Aktuelle Informationen zu Ausbildungsangeboten und authentische Einblicke ins Arbeitsumfeld
  • Institutionelle Kooperationen: Direkte Zusammenarbeit mit Einrichtungen des Übergangssektors etablieren

Erfolgsmessung von Rekrutierungsmaßnahmen

Für eine erfolgreiche Azubi-Rekrutierung ist ein kontinuierliches Monitoring aller Maßnahmen unerlässlich. Definieren Sie konkrete, messbare Ziele für jede Phase der Candidate Journey und erheben Sie systematisch Daten, um Ihre Strategien laufend zu optimieren.

Besonders wertvoll ist die Betrachtung früher Phasen der Kandidatenreise – vom ersten Kontakt bis zur Bewerbung. Nur wer hier gezielt misst, kann erkennen, wo potenzielle Azubis verloren gehen und geeignete Optimierungen vornehmen.

  • Mehrstufige Erfolgsmessung: Tracking aller Phasen der Candidate Journey von der ersten Aufmerksamkeit bis zur Einstellung
  • Datenbasierte Entscheidungen: Kontinuierliche Verbesserung der Rekrutierungsstrategie auf Basis konkreter Messwerte
  • Frühindikatoren beachten: Nicht nur Bewerbungseingänge, sondern bereits die ersten Kontaktpunkte analysieren

Fazit: Der Übergangssektor birgt ein enormes, bisher weitgehend ungenutztes Potenzial für Unternehmen, die qualifizierte Azubis suchen. Mit gezielten Strategien, den richtigen Kommunikationskanälen und passenden Unterstützungsangeboten können Sie diese motivierten jungen Menschen für Ihr Unternehmen gewinnen und damit nicht nur Ihre aktuellen Rekrutierungsherausforderungen lösen, sondern auch langfristig Ihren Fachkräftebedarf sichern.

Sie sind dran: Nehmen Sie Kontakt zu lokalen Bildungsträgern, Berufsschulen oder Jobcentern auf, um mehr über Jugendliche im Übergangssektor zu erfahren. Prüfen Sie, welche Unterstützungsmaßnahmen Sie anbieten können, um auch jene jungen Menschen aufzunehmen, die mit etwas Begleitung ausbildungsfähig sind. Optimieren Sie Ihre Karrierewebsite, um diese spezifische Zielgruppe anzusprechen und zu überzeugen.


Dieser Beitrag entstand nach Lektüre von Markus Sutera in Der Spiegel, 15.01.2025:
Mehr als ein Viertel der Jugendlichen ohne Lehrstelle könnte direkt in Ausbildung starten