Ruediger Vogel schreibt

90% der Arbeitgeber verschenken ihre Chance, Top-Azubis zu finden

Neun von zehn Unternehmen ignorieren Mitarbeiterfeedback auf Bewertungsplattformen komplett – ein fataler Fehler im Wettbewerb um qualifizierte Azubis. Die junge Generation recherchiert intensiv online, bevor sie sich bewirbt.

Warnzeichen für Ihr Recruiting

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Employer Telling zeigt Alarmierendes: 90% der Arbeitgeber lassen sämtliche Bewertungen auf Kununu unbeantwortet. Je kritischer die Bewertungen ausfallen, desto geringer die Antwortquote – bei ein bis zwei Sternen liegt sie bei nur 3,4%.

Besonders besorgniserregend: Etwa die Hälfte aller potenziellen Bewerber schließt aus der Reaktion eines Unternehmens auf Kritik, ob es als Arbeitgeber in Frage kommt. In Zeiten des Fachkräftemangels ein verheerendes Signal, insbesondere für Unternehmen, die aktiv nach Azubis suchen.

  • Vernachlässigte Chance: 90% der Unternehmen ignorieren Online-Bewertungen komplett
  • Abschreckungseffekt: Jeder zweite Bewerber prüft die Reaktionen auf kritische Bewertungen
  • Kritische Bewertungen: Bei negativem Feedback (1-2 Sterne) sinkt die Antwortquote auf nur 3,4%

Warum aktiv Jobsuchende auf Bewertungsplattformen achten

Besonders die Generation Z, aus der Ihre zukünftigen Azubis kommen, ist digital hochaktiv und recherchiert intensiv, bevor sie sich bewirbt. Diese selbstbestimmten jungen Menschen treffen ihre Karriereentscheidungen zunehmend auf Basis authentischer Erfahrungsberichte und der Reaktionen von Unternehmen darauf.

Bewertungsplattformen wie Kununu erscheinen bei Google meist als erstes Suchergebnis, wenn potenzielle Bewerber nach Ihrem Unternehmen recherchieren. Der erste Eindruck entsteht somit oft nicht über Ihre eigene Karriereseite, sondern über die ungeschminkte Meinung aktueller und ehemaliger Mitarbeiter.

  • Digitale Recherche: Generation Z prüft Arbeitgeber intensiv online vor der Bewerbung
  • Authentizitäts-Check: Junge Bewerber erkennen standardisierte Floskeln sofort
  • Entscheidungskriterium: Die Reaktion auf kritische Bewertungen zeigt die wahre Unternehmenskultur

Wie Sie den Erfolg Ihrer Online-Reputation messen können

Für erfolgreiche Ausbildungsrekrutierung benötigen Sie messbare Daten zur Wirksamkeit Ihres Online-Reputationsmanagements. Betrachten Sie Ihre Candidate Journey ähnlich einer Verkaufspipeline – von der ersten Wahrnehmung bis zur Bewerbung lassen sich konkrete Messgrößen definieren.

Vergleichen Sie die Anzahl der Bewerbungen vor und nach einer Verbesserung Ihrer Antwortquote auf Bewertungsplattformen. Überwachen Sie auch die Qualität eingehender Bewerbungen und die Conversion-Rate von Seitenbesuchern zu tatsächlichen Bewerbern.

  • Messbare Faktoren: Antwortquote, Reaktionszeit, Tonalität der Antworten
  • Bewerbungsmetriken: Anzahl, Qualität und Conversion-Rate der Bewerbungen
  • Feedback-Schleife: Regelmäßige Analyse und Optimierung der Antwortstrategien

Bewertungsplattformen als Schlüsselkanal für die Azubi-Gewinnung

Bewertungsplattformen sind ein direkter Kanal zu aktiv Jobsuchenden und damit besonders effektiv. Mit einem Blick in die Studie wird deutlich: Die großen DAX-Unternehmen verschenken hier enormes Potenzial – vier von ihnen (Adidas, BMW, Deutsche Bank und SAP) beantworten grundsätzlich keine Bewertungen.

Positive Beispiele wie die Deutsche Post zeigen, dass auch bei hohem Bewertungsvolumen (fast 16.000 Einträge) eine hohe Antwortquote (64%) möglich ist. Besonders bemerkenswert: Die Antworten sind individuell und authentisch statt standardisiert, was die Glaubwürdigkeit erhöht.

  • Direkter Kanal: Bewertungsplattformen erreichen aktiv Suchende effektiver als Social Media
  • Sichtbarkeit: Kununu-Profile erscheinen meist als erstes Google-Suchergebnis mit dem Zusatz „Arbeitgeber“
  • Best Practice: Die Deutsche Post beantwortet 64% aller Bewertungen individuell und authentisch

Praxisbeispiel: Wie mittelständische Unternehmen profitieren

Ein mittelständischer Metallverarbeiter aus Süddeutschland konnte durch systematisches Bewertungsmanagement seine Azubi-Bewerbungen um 35% steigern. Das Unternehmen stellte einen Mitarbeiter für zwei Stunden täglich frei, um auf Bewertungen zu reagieren und negative Feedback-Punkte intern zu adressieren.

Besonders wirksam war die offene Kommunikation zu kritischen Punkten wie Überstunden oder veralteten Maschinen. Statt diese Aspekte zu leugnen, erläuterte das Unternehmen konkrete Verbesserungsmaßnahmen – was die Glaubwürdigkeit erhöhte und selbst bei kritischen Bewertungen einen positiven Eindruck hinterließ.

  • Ressourcen-Einsatz: Bereits 10 Stunden pro Woche zeigen deutliche Wirkung
  • Transparenz: Ehrliche Kommunikation zu Schwachstellen stärkt die Glaubwürdigkeit
  • Messbarer Erfolg: 35% mehr Azubi-Bewerbungen nach sechs Monaten

Fazit: In Zeiten des Fachkräftemangels kann Ihre Reaktion auf Online-Bewertungen ein entscheidender Faktor sein, um qualifizierte Azubis zu finden. Die aktuelle Kununu-Studie zeigt, dass 90% der Unternehmen diese Chance verschenken. Wer sich positiv abhebt, gewinnt einen echten Wettbewerbsvorteil in der Azubi-Rekrutierung.

Sie sind dran: Überprüfen Sie Ihre Kununu-Präsenz und entwickeln Sie eine Strategie für authentische Antworten auf Bewertungen. Stellen Sie dedizierte Ressourcen bereit und messen Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen anhand konkreter Bewerbungszahlen. Ihre zukünftigen Azubis werden es Ihnen danken.


Dieser Beitrag entstand nach Lektüre von Verena Töpper in Spiegel, 18.02.2025:
Arbeitgeber ignorieren Mitarbeiterfrust im Netz